Weltreise 2008 + Südamerika 2019
 Mittwoch, 27.08.2008

 

Nach einem knapp zweistündigen Flug über viele kleine Inselchen mit hellblauen Lagunen und Korallenriffs vor der Tür sind wir zwischenzeitlich in Vanuatu angekommen. Von Fiji haben wir schweren Herzens Abschied genommen. Zwar war das Wetter dort in den letzten Tagen unseres Aufenthaltes nicht mehr besonders schön. Es regnete teils kräftig und dauerhaft, hinzu kam an einigen Tagen ein recht stürmischer Wind. Vermissen werden wir jedoch die Herzlichkeit und Freundlichkeit der Menschen, die uns auf all unseren Reisen in dieser Form noch nicht begegnet ist.
Auf dem Flug von Fiji nach Vanuatu

Es ist sehr bedauerlich für die Fidschianer, dass sich ihre Militärregierung gerade mal wieder durch dumme Ignoranz außenpolitisch ins Abseits manövriert hat, indem sie ein Treffen südpazifischer Staaten boykottierte, bei dem über die Notwendigkeit alsbaldiger demokratischer Wahlen in Fiji gesprochen werden sollte. Dabei wetterte die Regierung insbesondere gegen angebliche Großmachtbestrebungen Australiens und Neuseelands, die daraufhin mehr oder weniger unverhohlen mit der Evakuierung ihrer Staatsangehörigen von den Inseln drohten (wozu allerdings nicht der Hauch eines Anlasses bestand). Nun will man sich mehr auf den aufkommenden chinesischen Tourismus konzentrieren, vollkommen ignorierend, dass China weit weg liegt, sich also nur die ganz reichen Chinesen eine Reise nach Fiji leisten können, und der für die Wirtschaft der Inseln notwendige Massentourismus nur aus Australien und Neuseeland kommen kann.

 

In Vanuatu (ca. 200.000 Einwohner) haben wir uns in der Hauptstadt Port Villa (38.000 Einwohner) auf der Insel Efate niedergelassen, da uns nach der relativen Abgeschiedenheit, in der wir auf Fiji lebten, wieder nach einem ordentlichen  Restaurant- und Lebensmittelangebot gelüstet. Port Villa geht der Ruf voraus, die schönste Stadt im Südpazifik zu sein. Gemessen daran waren wir etwas enttäuscht. Die Stadt liegt zwar traumhaft. Eingebettet in eine grüne Hügelkette erstreckt sie sich an zwei in allen Blautönen schimmernden Lagunen mit vorgelagerten Inselchen und einem schönen Naturhafen entlang. Das Zentrum wird jedoch dominiert von einer ziemlich hässlichen „Lagerhallenarchitektur“. Dazwischen befinden sich immer wieder brach liegende Grundstücke mit verfallenen Baulichkeiten, offensichtliche Überbleibsel der vielen Cyclone und Erdbeben (Vanuatu liegt auf dem sog. „pazifischen Feuerring“ und hat neun aktive Vulkane), die die Insel regelmäßig über sich ergehen lassen muss. So weisen auch die Bürgersteige große Löcher und Risse auf und man muss höllisch aufpassen, wohin man tritt. Die Behausungen der Nivanuatu, wie sich die einheimische Bevölkerung nennt, bestehen in der Regel aus recht ärmlichen Wellblechhütten bzw. ziemlich heruntergekommenen Steinhäusern. Das Pro-Kopfeinkommen beträgt  1.600 US-Dollar im Jahr und liegt damit wesentlich unter dem von Fiji (2.900 $). Natürlich wird dieses Ergebnis auch dadurch beeinflusst, dass viele Menschen auf den kleineren oder mehr abseits gelegenen Inseln überhaupt nichts verdienen, sondern von dem leben, was sie selbst oder die Dorfgemeinschaft anbauen, züchten, angeln und jagen. Außerdem wird Reichtum in Vanuatu von Alters her in der Anzahl der Schweine gemessen, die jemand besitzt. Ansehen und Macht gewinnt man nur dann, wenn man in der Lage ist, große Feste mit vielen geschlachteten Schweinen, die in Erdöfen zubereitet werden, zu veranstalten. Diejenigen, die man dabei bewirtet, bleiben einem ein Leben lang verpflichtet. Besonders wertvoll sind geringelte Schweinezähne, die den Schweinen dann wachsen, wenn man ihnen außer den Eckzähnen sämtliche anderen Zähne zieht. Die Eckzähne wachsen dann kreisrund, wobei sie bei jeder Drehung den Kiefer der armen Tiere durchstoßen.

 

Angesichts der Einkommensverhältnisse auf den Inseln verwundert das hiesige Preisniveau, das  in etwa dem Französisch-Polynesiens entspricht. Einkaufen im Supermarkt ist teurer als bei uns in Deutschland, gleiches gilt für die Essenspreise im Restaurant. Exorbitant hoch müssen die Preise für Strom, Gas, Telefon und Internet (über 200 €/Monat) sein, da es hier keinerlei Preiskontrolle für Monopolbetriebe gibt (man diskutiert gerade über deren Einführung, denn es ist Wahlkampf). Im Ergebnis bleiben die angenehmen Errungenschaften der westlichen Zivilisation den vielen Australiern und Neuseeländern, die sich im hiesigen Steuerparadies offenbar dauerhaft niedergelassen haben, einigen verbliebenen französischen und britischen Exkolonialisten (Vanuatu stand bis 1980 unter der Bezeichnung „Neue Hebriden“ unter einem Kondominium der beiden europäischen Staaten) und den Touristen vorbehalten. Hier wie auch schon in der Karibik lassen sich von dem vorhandenen Luxustourismus jedenfalls keine Rückschlüsse auf den Lebensstandard der einheimischen Bevölkerung ziehen.

 

Von den früheren Kolonialmächten haben die Franzosen den wesentlich größeren Einfluss hinterlassen. Das heißt, es gibt Rechtsverkehr, ordentliches französisches Baguette, vernünftigen Käse und Schinken (nicht nur Fleisch und Hühnchen in Dosen wie auf Fiji) und  man spricht eher französisch als englisch (obwohl letzteres Amtssprache ist). Untereinander unterhält man sich auf Bislama, einer Art Pidgin-Englisch mit französischen Elementen (meine Lieblingsworte : tank yu tumas). Ansonsten gibt es noch mehr als 100 lokale Sprachen, die sich völlig selbständig entwickelt und nichts miteinander zu tun haben. Leider ist aber auch der Pflegezustand unserer sonst recht hübschen Unterkunft sehr „französisch“ (ich habe mich darüber bereits an anderer Stelle ausgelassen) und die Müllabfuhr funktioniert auf der Insel auch nur bedingt.

 

Zumindest scheinen sich zwischenzeitlich die politischen Verhältnisse hier etwas stabilisiert zu haben, nachdem es in früheren Zeiten durchaus vorgekommen ist, dass sich führende Politiker etwa den Pensionsfond der staatlichen Rentenkasse „ausgeborgten“, oder die Polizei den Ministerpräsidenten für zwei Tage auf einer einsamen Insel gefangen hielt, um eine Gehaltserhöhung durchzusetzen (was auch geklappt hat), oder ein wegen Geldfälschung zu drei Jahren Haft verurteilter Minister unmittelbar nach seiner Haftentlassung zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Gleichwohl ist es schon sehr merkwürdig, welche Parteien sich hier zur Wahl stellen, so etwa die Partei der sog. Kastom-Bewegung, die die Wiedereinführung alter abergläubischer Sitten und Riten anstrebt und sich gegen westliche Medizin und Bildungsmethoden wendet. Daneben gibt es noch den sog. „cargo-cult“, der darauf wartet, dass – wie im zweiten Weltkrieg – die Amerikaner mit all ihren Kriegsgütern, Lebensmitteln und Verdienstmöglichkeiten für die einheimische Bevölkerung wieder erscheinen.   

 

Ein wichtiges Thema hier ist der einheimische Kava. Bereits im Taxi vom Flughafen wurden wir darüber belehrt, das der Kava aus Vanuatu viel besser und stärker sei als der aus Fiji. Auch unser Nachtwächter ist ganz stolz auf das hiesige Gebräu und lud uns bereits nach kurzem Gespräch in sein bevorzugtes „Nakamal“, seine Kavakneipe ein. Das Nakamal ist zwar an sich für Frauen „tabu“ (ein Begriff der in der Südsee große Bedeutung hat und uns seit der Osterinsel ständig wieder begegnet), in Port Villa macht man jedoch jedenfalls für Touristinnen eine Ausnahme. Eingedenk unseres letzten Geschmacksabenteuers mit dem Kava auf Fiji haben wir aber einstweilen dankend abgelehnt. Ein kulinarischer Hochgenuss ist hingegen erstaunlicher Weise das hiesige Rindfleisch, das auch in Neuseeland hoch geschätzt wird.

Donnerstag, 11.09.2008

 

Unsere Tage in Vanuatu nähern sich dem Ende. Es gibt nicht mehr allzu viel von hier zu berichten, außer vielleicht die für einige überraschende Erkenntnis, dass man auch der Südsee überdrüssig werden kann. Wir freuen uns jedenfalls darauf, am Sonntag unsere Tour durch Neuseeland zu starten. Kontakte zu „Kiwis“ und „Aussies“ hatten wir allerdings schon reichlich, denn die meisten der hochgerechnet vielleicht 2.000 bis 3.000 Touristen, die sich gleichzeitig auf den 89 Inseln des Archipels tummeln, kommen aus diesen beiden Ländern.  Außer Franzosen und vereinzelte Italiener wurden von uns keine Europäer gesichtet, auch keine sonstigen Vertreter unseres reiselustigen Volkes. Die Ni Vanuatu sind   immer ganz begeistert, wenn sie hören, dass jemand die weite Reise von Deutschland  auf sich nimmt, um ihr kleines Inselreich zu besuchen. Immerhin ist unser Land (wahrscheinlich Dank des Fußballes) hier bekannt, auf St. Lucia haben wir eine kleine Chinesin getroffen, die hatte noch nie etwas von Deutschland gehört. Apropos China, uns fällt auf, dass die Volksrepublik auch noch im kleinsten Inselstadt diplomatische Vertretungen unterhält, während Europäer (mit Ausnahme alter Kolonialmächte) und – so z.B. hier auf Vanuatu - selbst Amerikaner mit Abwesenheit glänzen.   

 

Wenn man mich fragt, welche der drei von uns besuchten Südseedestinationen (zählt man die Osterinsel dazu sind es vier) ich am ehesten empfehlen würde, würde meine Wahl jedenfalls nicht auf Vanuatu fallen. Sicher, es gibt hier die gleiche üppige Vegetation wie in Französisch-Polynesien und auf Fiji und sehr schöne Spots zum Tauchen oder Schnorcheln, wie sich überhaupt alle in und auf dem Meer zu betreibende Sportarten einschließlich Hochseefischen hier wunderbar ausüben lassen (wir sind inzwischen begeisterte Paddler geworden). Grandiose Gebirgsformationen und Traumstrände sucht man auf Efate jedoch vergeblich. Die mag es auf anderen Inseln Vanuatus vielleicht geben, dafür fehlt es dann dort häufig an touristischer Infrastruktur und die Anreise dorthin in kleinen zweimotorigen Propellermaschinchen ist auch nicht jedermanns Sache (die meinige jedenfalls nicht). Wer Südsee-Idyll in luxuriösem Ambiente erleben will (und das nötige Kleingeld dafür hat) muss nach Französisch-Polynesien. Wer für weit weniger Geld wirklich herzliche und freundliche Leute, wenig Tourismus und eine landschaftlich schöne Hauptinsel mit nahe gelegenen, mit dem Boot erreichbaren Koralleninselchen kennen lernen will, sollte unbedingt Fiji wählen. Vanuatu ist etwas für Sporttaucher, Hochseeangler und Leute, die sich für traditionelle Lebensweisen, an denen die Ni Vanuatu mit besonderer Inbrunst festhalten, interessieren. Für Frauen, die Wert darauf legen, auch mal alleine etwas zu unternehmen, sind die Inseln nur bedingt geeignet. Es ist zwar nicht gefährlich, ich habe mich aber häufig durch blöde und sexistische Sprüche insbesondere jüngerer Männer ziemlich belästigt gefühlt. Einige Spaziergänge oder gar Joggingtouren, die ich alleine unternahm, waren alles andere als ein Vergnügen, da mir ständig hinterher gejohlt und gefeixt wurde. In unserem Lonely Planet-Reiseführer wird Vanuatu als „chauvinistische Bastion“ bezeichnet, in der die Frauen von Glück sagen können, dass man ihnen heute nicht mehr – wie früher offenbar üblich – bei der Hochzeit die Vorderzähne ausschlägt. Trotz vieler netter und liebenswürdiger Leute, die wir auch getroffen haben, hat mir dies den Aufenthalt hier doch etwas verleidet, zumal ich es auch schade finde, dass – die Kehrseite der Medaille - viele Frauen hier so verschüchtert und ohne Selbstbewusstsein wirken. Das war auf Fiji und in Französisch-Polynesien anders.

 

Gleichwohl, wir werden es uns noch drei Tage im milden, bisweilen auch etwas feuchten Klima bei ausgezeichnetem französischen Essen gut gehen und uns noch ein wenig von der hier äußerst beliebten, weich gespülten Schmusemusik aus den 60-gern und 70-gern Jahren „softly killen“ lassen.