Weltreise 2008 + Südamerika 2019

Zu nachtschlafender Zeit mit dem Airportshuttle eine Stunde in Manhattan rumgekurvt, um dann innerhalb einer halben Stunde am JFK zu sein, der Flieger voller Russen, die drei Herren vor uns leeren unter zurückhaltender Mitwirkung ihrer in Jogginganzügen und Silberschläppchen gewandeten Frauen während des vierstündigen Fluges 3 Flaschen Whiskey, Gott sei Dank sind Russen trinkfest und randalieren nicht.

Ankunft in St. Lucia bei ruhigem, sonnigen Wetter, die Unterkunft ist sauber, bietet alles, was in einem Haushalt so benötigt wird und von hier aus hat man einen spektakulären Blick auf den Atlantik und zwei vorgelagerte Inseln (Maria Islands Nationalpark), erstes karibisches Essen : Bernhard ist mit seinem Fisch sehr zufrieden, ich habe knochige Lambchops bestellt, nicht so mein Ding.

Nach stürmischer und für mich nicht so erholsamer Nacht ist heute ein Tag zum Faulenzen, notgedrungen, denn das stürmische, regnerische Wetter hat sich immer noch nicht beruhigt, ist aber nicht schlimm, nach dem New Yorker Stress und angesichts 7 Wochen Karibik-Urlaub, unsere angenehme Unterkunft macht sich bei diesem Wetter bezahlt, müssen uns nur daran gewöhnen, ohne Fahrzeug nicht ganz so beweglich zu sein, werden das öffentliche Transportsystem näher erkunden.

Wir genießen den Komfort der Unterkunft mit eigenem DSL-Internetzugang (wobei DSL in der Karibik nicht wie DSL bei uns ist – kommt einem eher wie ein Modemzugang vor), nutzen dies zur Bearbeitung der Web-Seite und zum täglichen Zeitung lesen des Tagesspiegels. Die Waschmaschine haben wir auch schon benutzt.

Langsam erfasst uns das karibische Gefühl. Ein göttliches Klima, größtenteils Sonne, ein paar Wolken, ab und an ein Regenschauer, warme 26 – 28 Grad, die auch nachts nicht wesentlich runter gehen, und immer eine wohltuende kühlende Brise. Hier braucht es keine Klimaanlage, denn die Häuser sind licht und luftig gebaut, so dass immer ein wenig Wind hindurchweht.

Wir sind zur Zeit an der Südküste in Vieux Fort, der zweitgrößten „Stadt“ St. Lucias, einer touristisch eher unterentwickelten Ecke der Insel. Es gibt nur eine  All-Inclusive-Anlage, aus der nachts bis ca. 23.00 Uhr der Reggae zu uns herüber weht. Wir sitzen dann auf unserer großen Terrasse, genießen die Musik, den Sternenhimmel und sind froh, dass wir dass alles ohne den Trubel einer 500 Betten-Burg genießen können. Ansonsten bekommt man von der Hotelanlage nicht viel mit, nur dass Leute mit Bussen hinein- und wieder herausgefahren werden und sich offensichtlich ansonsten ausschließlich in der Anlage aufhalten (Gründe dieser Art von Tourismus kann ich ja noch nachvollziehen, die Einheimischen haben aber nichts davon).

Außer uns gibt es an diesem Ort  noch eine Handvoll Individualtouristen. 97 % der einheimischen Bevölkerung ist schwarz. Die Leute sind keinesfalls wohlhabend, Shops und Behausungen sehen eher ärmlich aus. Alle sind aber sauber und vernünftig gekleidet, die herumfahrenden Autos sind neu und gut in Schuss, nur die Fahrweise ist furchterregend, weshalb wir einige Probleme haben, eine ungefährliche Joggingstrecke zu finden.

Bei unserem ersten Ausflug in die Stadt ist uns nur eine Weiße begegnet und es ist schon ein komisches Gefühl zu einer absoluten Minderheit zu gehören, aber wir werden uns daran gewöhnen müssen. Die Einheimischen sind nett, hilfsbereit, tendenziell aber eher zurückhaltend. In vier Tagen sind wir einmal angebettelt worden und einmal wollte man uns etwas verkaufen, ein Nein wurde in beiden Fällen sofort akzeptiert. Das mag an anderen Ecken der Insel anders sein, hier beschäftigt man sich mit Touristen aber nicht sonderlich, sondern geht seiner eigenen Wege, die besonders bestimmt werden von Musik, überall schallt und dröhnt es aus Autoradios (Der Reggae lebt! – von wegen St. Lucia Jazz). Am Wochenende wird mit Familie und Freunden gebadet und am Strand gepicknickt und wir hatten gestern das Vergnügen, daran teilhaben zu dürfen. Ein Gefühl für Abstand kennt man bei dieser Freizeitgestaltung nicht. So hatten wir gestern gerade glücklich ein schattiges Fleckchen für uns zwei gefunden, als sich kurze Zeit später zunächst eine Großfamilie in etwa einem Meter Abstand neben uns niederließ. Dann fuhren noch einige Jungs mit ihrem Auto und natürlich laut dröhnender Musik unmittelbar neben uns und wir wussten, wem dieser Strand eigentlich gehört. All dies geschieht aber völlig unaufgeregt und nicht aggressiv. Zwischen den Badenden  flitzen Jungs auf schnellen kleinen Pferdchen über den Strand oder machen Salti bzw. andere Kunststücke, kurz caribbean beach life vom Feinsten.

Ansonsten habe ich mich – obwohl nicht die größte Köchin - in den letzten Tagen mit der Vielzahl karibischer Kochbücher beschäftigt, die in unserem Appartement so rum stehen. Gekocht wird mit viel Gemüse, Obst und Fisch und vor allem Gewürze. Da läuft einem schon beim Lesen der Rezepte das Wasser im Mund zusammen. Leider sind uns auch viele der Zutaten trotz unseres tollen elektronischen Wörterbuches mit eigenem Gastroteil unbekannt geblieben. Auch finden sich die Vielzahl der Gericht leider nicht m Angebot der hiesigen Gastronomie, warum auch, die Einheimischen gehen ohnehin nicht essen. Vielleicht wird der Norden der Insel, wohin wir demnächst umziehen, kulinarisch reizvoller. 


Dienstag, 11.03.2008, bis Samstag, 15.03.2008

 

Wir haben uns drei Tage ein Auto gemietet und die Insel erkundet. Die Ostküste ist felsig, mit teils spektakulären Buchten, eingestreuten Sandstränden und netten, farbenfrohen karibischen Orten. Hier hat der Tourismus bisher nur verhalten Einzug gehalten, es wird jedoch schon ein riesiges Areal hergerichtet, auf dem später eine Marina, Luxushotels und ein Golfplatz entstehen sollen. Dafür wurden bereits ganze Küstenabschnitte platt gewalzt. Es tut einem in der Seele weh, dies zu sehen, aber die Menschen hier leben größtenteils vom Tourismus, wer wollte sie also verurteilen, dass sie ihre schöne Insel so verunstalten.

 

Die Westküste ist von Postkartenschönheit. Sie wird dominiert von den zwei sog. Pitons, bewaldete, pittoresk aus dem Boden herauswachsende und eine wunderschöne Bucht umschließende Vulkankegel. Es gibt hier einen noch aktiven Vulkankrater, in den man hineinfahren und sprudelnde Schwefelquellen mit blubbernden Schlammlöchern bestaunen kann. Man kann in wohltuendem, warmen Mineralwasser baden und sich dabei von herumwandernden Touristengruppen, die nicht so pfiffig waren und Badesachen dabei hatten, bestaunen lassen. So hingen wir zwei alleine, völlig entspannt in einem Badebecken, hörten uns die Lobpreisungen der Reiseführer über die heilende Wirkung des Wassers an, lächelten freundlich in die Kameras und überlegten schon, Trinkgeld für unsere Darbietung zu verlangen.

 

Ansonsten auch hier: üppige Vegetation, Regenwald, Orchideen, Riesenbambus, alles was das Botanikerherz begehrt. Das Landesinnere ist teilweise völlig unerschlossen, es gibt nur einen um die Insel herumlaufenden sog. „Highway“, an dem sich die Orte aufreihen, so dass man den Eindruck hat, die Insel sei dicht besiedelt. Tatsächlich leben hier aber nur ca. 140.000 Menschen. Wir sehen viele Kinder und viele Schulen, das Bildungssystem scheint also zu funktionieren, jedenfalls auf einem einfachen Level. Da man sich hier dem Hörensagen nach trotz Katholizismus nicht gerne durch Trauschein oder sonst bindet, ziehen viele Frauen ihre Kinder alleine groß und gehen arbeiten. Die Frauen auf St. Lucia gefallen mir außerordentlich gut. Sie sind selbstbewusst und lebensfroh, begegnen einem auf gleicher Augenhöhe und haben zugleich etwas aufreizendes als auch mütterliches an sich. Die jungen Männer sind überwiegend damit beschäftigt möglichst cool zu sein.

Alle sind – von wenigen Ausnahmen  abgesehen – ausgesprochen höflich und haben in der Regel einen freundlichen Spruch auf den Lippen, auch hier im Norden der Insel, wohin wir zwischenzeitlich umgezogen sind und wo es wesentlich touristischer zugeht, als im stillen Süden, der zu Unrecht - für uns Gott sei Dank - bisher vom Tourismus vernachlässigt wurde. Wir hatten einige Mühe, eine neue Unterkunft zu finden (aus der alten Vorgebuchten mussten wir raus). Zum einen ist man auf St. Lucia eigentlich nicht so recht auf Individualtourismus eingestellt. Es gibt nur wenige Guesthouses oder kleinere Hotels, an deren Qualität und Pflegezustand sich unsere Geister im Übrigen nicht unerheblich schieden, und die überdies weitestgehend ausgebucht waren, weil Ostern vor der Tür steht.

 

Durch Zufall sind wir jetzt in einer im Plantagenstil erbauten, karibische Villa gelandet, in der 3 Appartements im Untergeschoss vermietet werden. Die Gegend ist ruhig und sicher, es gibt einen schönen großen Garten, lediglich die Einrichtung ist etwas spartanisch. Größere Kochaktionen werden mit drei Tellern, drei Tassen, einer Gabel, zwei Messern und drei verbeulten Töpfen wohl nicht stattfinden, braucht es auch nicht, denn hier gibt es alle möglichen Restaurants und Snackbars.

 

Gestern waren wir in Gros Islet, einem nahe gelegenen Dorf mit noch typisch karibischem Flair, kleinen bunten Holzhütten und vielen kleinen Läden und Bars zum freitäglichen „Street Lime“. Es rauchten die Holzkohlegrills, überall gab es Straßenstände mit Ess- oder   Trinkbarem und natürlich dröhnte laut die Musik. Leider nicht der in unserem Reiseführer angepriesene Jazz, sondern wieder einmal Reggae und eine in den Rap gehende Musikrichtung, die wir nicht zu benennen wissen. Natürlich waren einige Touristen anwesend, je später der Abend wurde, desto mehr kamen die Einheimischen zum tanzen und eben zum „limen“. Die Frauen aufgebrezelt, dass es eine wahre Pracht war, die Jungs natürlich supercool. Beim Tanzen vergingen uns dann teilweise Augen und Ohren ob der dargebotenen Erotik.


Karfreitag, 21.03.08

Dialog am morgen : Wir sollten mal wieder etwas für unsere Website schreiben.

Frage : Was denn ? Antwort : Na was wir in den letzten Tagen so gemacht haben.

Frage : Was haben wir denn in der letzten Zeit so gemacht ?

Antwort : Nun, äh, eigentlich nichts, nur „rumgelimed“.


Auch das ist Karibik. Wo wir sonst bewaffnet mit dicken Reiseführern und einem Bündel an Informationen aus dem Internet während unserer Urlaube von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit eilen, uns über jede Störung unserer Urlaubsfreuden aufregen und über Regentage ärgern, betrachten wir hier gelassen, wie sich die Wolken zu einem Regenschauer zusammenbrauen, Wind aufkommt und alles wegbläst, die Menschen gemächlichen Schrittes an uns vorbei flanieren, meist einen freundlichen Spruch auf den Lippen. Aufgemotzte Autos fahren mit weit aufgedrehten Bässen laut dröhnend vorbei, stören unsere Ruhe und trotzdem bleibt man gelassen, denn wir haben nicht nur drei kostbare Wochen Jahresurlaub zu verteidigen, sondern sind ein ganzes Jahr auf Reisen, mit sieben Wochen Karibik, eine schöne neue Erfahrung des Reisens. Irgendwann wird solch ein Müßiggang wohl auch langweilig, aber eine Weile lässt es sich so schon aushalten, zumal an einem Ort wie diesem. Dazu trägt auch das angenehme Klima mit nur geringen Unterschieden zwischen Tag- (ca. 28 Grad) und Nachttemperaturen (ca. 25 Grad) bei.


Ganz entrückt können wir jedoch auch nicht leben. Es ist schon ein unschätzbarer Vorteil, über CNN, BBC World oder – wenn es denn funktioniert – über Internet zu erfahren, was so in der Welt los ist. Allerdings wird der Blick ein anderer. Wir hören etwas über Zypern, Taiwan, natürlich über Tibet und China und ganz viel über den amerikanischen Wahlkampf, Europa steht nicht mehr so im Zentrum des Interesses. Der Schwerpunkt der Berichterstattung in den Sendern ist ein anderer, und auch daraus kann man seine Rückschlüsse ziehen. Von Ostern bekommt man hier nicht soviel mit (obwohl christlich, d. h. Feiertage), aber das ganze Tamtam mit Ostereiern, Schokoladenosterhasen etc. fehlt völlig. Das sind eben heidnisch-europäische Bräuche.

 

Eigentlich gibt es im Moment nur zwei Dinge zu beklagen. Als passionierter Läufer hat man hier einige Schwierigkeiten. Der auf den wenigen Straßen nicht unerhebliche Fahrzeugverkehr reklamiert für sich den absoluten Vorrang. Bevor ein Auto auch nur einen Zentimeter ausweicht, wird man lieber in die entlang der Straße verlaufenden Graben gescheucht. Fußgängerwege gibt es nicht, Seitenstreifen sind nicht immer ausreichend vorhanden. Die Fahrweise ist entgegen der sonstigen Natur der hier lebenden Menschen teils rücksichtslos, jedenfalls ist es ganz klar, wem die Straße gehört : aufgemotzten, tiefer gelegten Toyotas oder Nissans, mit Heckspoiler, dröhnenden Bässen und Fahrern mit verspiegelten Sonnenbrillen, Dreadlocks und Wollmützen. Feldwege sind zerfurcht, steinig, zumeist steil bergauf oder bergab führend und lassen auch kein entspanntes Laufen zu. Es bleibt der Strand, der ist aber wiederum hier ziemlich schief und steht seit mehreren Tagen wegen außergewöhnlich hoher Flut (Vollmond) häufig unter Wasser.

 

Das zweite Missliche ist das Essen. Nein, es gibt hier jede Menge guter Lokale, sogar einen Inder, einen Thai, teure Euro-karibische Fusion-Küche, gute Pizzerien usw., nur eine authentisch kreolische Küche findet sich selten, dabei werden viele Kochbücher über diese Küchenrichtung angeboten, die zeigen, wie vielfältig sie ist und bei denen einem das Wasser  im Munde zusammenläuft. Eigentlich haben wir bisher nur ein recht authentisches Restaurant  ausfindig machen können, aber das liegt weit weg im Süden der Insel.

Aber trotz allem, man will ja nicht klagen.


Montag, 31.3.2008

Inzwischen sind wir in Barbados angekommen. Zeit für ein kurzes Resümee über St. Lucia. Die Insel ist landschaftlich wunderschön, insbesondere die spektakulären Buchten und bewaldeten Vulkankegel, allerdings darf man keine langen und breiten Sandstrände erwarten, für einen Strandurlaub ist man in Barbados besser aufgehoben.

Die Leute auf St. Lucia sind freundlich, quirlig und l a u t. Man pflegt ausgiebige Selbstgespräche. Die Insel lebt weitgehend vom Tourismus und man setzt dabei auf Luxustourismus (Yachtbesitzer, Golfspieler, Kreuzfahrtreisende, Honeymooner, die bereit sind, auf ihre Hochzeitreise kräftig über ihre Verhältnisse zu leben). Gleichwohl finden auch Individualreisende ihr Eckchen, allerdings sind die Unterkünfte eher dünn gesät und es empfiehlt sich in jedem Falle, sie im Voraus klar zu machen. Die Kosten im Supermarkt, Restaurants, für Automiete entsprechen unserem deutschen Niveau, Unterkünfte sind eher teurer.

 

Leider hatten wir kurz vor unserer Abreise noch ein negatives Erlebnis, als zwei Halbwüchsige am Strand versuchten, unseren Rucksack zu klauen. Dabei hatten sie allerdings nicht damit gerechnet, welche Geschwindigkeit Bernhard entwickeln kann, wenn er sauer ist. Nach kurzer Verfolgungsjagd durch Gebüsch entschied man sich dann auch, den zudem mit einer vollen 1 ½ Liter Wasserflasche beschwerten Rucksack, in dem sich außer der Kamera auch keinerlei Wertsachen befanden, fallen zu lassen, um dem wütenden, unerwartet fixen Mitteleuropäer nicht in die Finger zu fallen, und ich glaube, sie waren dabei ganz gut beraten.

 

Uns lehrt uns die Geschichte, dass an bei aller Freundlichkeit nie vergessen darf, wie wenig die Leute tatsächlich verdienen (Prokopfeinkommen in St. Lucia: 5.200 US-Dollar) und welcher Anreiz darin besteht, sich bei den reichen Touristen ein wenig schadlos zu halten. Man sollte daher nicht allzu sorglos sein, wenn man auch sagen kann, dass St.Lucia im Großen und Ganzen recht sicher ist. Man sorgt auch dafür mit einer recht hohen Polizeipräsenz auf der Insel. Für uns war der Vorfall ein heilsamer Warnschuss.